Politdebatte zur Lage der Pflegenation am Schweizer Pflegekongress 2023

Grosses Interesse fand die Keynote mit Impusvorträgen und einer Podiumsdiskussion zur Lage der Pflegenation am zweiten Tag des Schweizer Pflegekongresses 2023. Es herrschte Einigkeit darüber, dass angesichts der aktuellen Lage und in Hinblick auf die demographische Entwicklung Handlungsbedarf besteht: Nebst den dringend notwendigen Sofortmassnahmen ist auch eine langfristige generelle Versogungsstrategie notwendig.

Schweizer Pflegekongress 2023: Der Morgen des zweiten Kongresstages in Bern stand ganz im Zeichen der Umsetzung der Pflegeinitiative sowie des Pflegenotstandes. Zu Beginn der Keynote informierten Sophie Ley, die Präsidentin des SBK, und dessen Geschäftsführerin Yvonne Ribi die anwesenden Personen in der Arena sowie diejenigen, die den Kongress im Online-Streaming verfolgten, über den Stand der Umsetzung der Pflegeinitiative.

Der zweite Block war der latenten Überlastung im Pflegealltag gewidmet. In allen Landesteilen, in allen Pflegebereichen fehlen Pflegefachpersonen. Jeden Monat verlassen viele den Beruf wegen Enttäuschung, Erschöpfung oder Krankheit.
Dr. Véronique de Goumoëns (PHD in Pflegewissenschaften, Professorin an der Fachhochschule La Source) und Dr. Paula Adomeit (Direktorin Pflege bei der Insel Gruppe AG) berich-teten in je einem Inputreferat darüber, wie die Pflegewissenschaft und das Pflegemanagement dieser Situation begegnen und wie sie ihre Mitarbeitenden im anstrengenden Berufsalltag unterstützen und entlasten. Paula Adomeit warnte vor der erst noch bevorstehenden Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation und stellte auch gleich einen Lösungsansatz der Insel Gruppe vor. Dieser setzt auf den Abbau von (Pflege-)Silos, indem im neuen Bettenhochhaus die Patienten ins Zentrum stehen. Dazu soll stark interdisziplinär und interprofessionell gearbeitet werden.
Véronique de Goumoëns folgerte ganz grundsätzlich in Bezug auf eine Verbesserung der Pflegesituation: «Unser Platz ist am Verhandlungstisch. Das wurde mit dieser Initiative eingeleitet. Die beste Pflege muss das Ziel sein.»

Für die anschliessende Podiumsdiskussion, eine Politdebatte zur Lage der Pflegenation unter dem Titel «Jetzt muss gehandelt werden – aber wie?», hat der SBK Yves Martignoni, (Adjunkt der Dienstchefin der Dienststelle für Gesundheitswesen, Kanton Wallis) Markus Trutmann (Leiter Geschäftsbereich Politik bei H+), Daniel Höchli (Geschäftsführer ARTISET, Föderation der Branchenverbände Curaviva, Insos und Youvita) und Daniel Simon (Präsident SBK beider Basel) aufs Podium geladen. Sophie Ley ergänzte die Runde und Véronique de Goumoëns und Paula Adomeit nahmen als Stimmen aus der Praxis ebenfalls an der Diskussion teil.
Schnell war klar, alle Anwesenden sind sich einig, in welch schwieriger Situation wir uns mit dem Pflegenotstand befinden. Für die Umsetzung der Ausbildungsoffensive, welche Paket 1 der Umsetzung der Pflegeinitiative enthält, erfüllen zurzeit erst drei Kantone die Vorgaben. Einer dieser Kantone ist das Wallis. Yves Martignoni informierte, dass das Wallis auf das Modell des Kantons Bern basierend auf die Schaffung von genügend Ausbildungs- und Praktikumsplätzen setzt. Gleichzeitig erwähnte er auch, dass die Ausbildungsstätten wenige – zu wenige – Anmeldungen verzeichnen.
Die anwesenden Arbeitgebervertretungen (Markus Trutmann und Daniel Höchli) sprachen sich für Sofortmassnahmen aus, welche dafür sorgen, dass die Pflegenden im Beruf bleiben. Sie betonten jedoch auch, dass – sowohl in den Spitälern als auch in der Langzeitpflege und in der Spitex – eine Tarifanpassung notwendig ist, damit diese Massnahmen zum Personalerhalt finanzierbar sind.
Zum Thema Pflegelöhne meinte der Präsident des SBK Baselland und Baselstadt, Daniel Simon, dass Pflegefachpersonen auch gerade im Vergleich mit anderen Berufen mit einem Abschluss auf Stufe HF oder FH höhere Löhne zustehen, die den Anforderungen und der Verantwortung, die sie tagtäglich tragen, gerecht werden. Paula Adomeit ergänzte, dass insbesondere die weniger beliebten Dienste am Wochenende, abends und in der Nacht auch finanziell aufgewertet werden müssen.
In Anbetracht dessen, dass wir alleine auf Grund der demographischen Entwicklung unaufhaltsam auf eine Situation zugehen, in der weniger Pflegefachpersonen viel mehr Patient:innen werden versorgen müssen, betonte Markus Trutmann das Fehlen einer Versorgungspolitik im Gesundheitswesen, ein intelligenter Strukturwandel sei notwendig. Daniel Höchli ergänzte: um den steigenden Bedarf in der Langzeitpflege sei eine gesellschaftliche Herausforderung, die beispielsweise auch gezielt Ressourcen aus der Gesellschaft einsetzt.
Sophie Ley schloss die Debatte schliesslich mit dem Hinweis ab, wie wichtig und zentral die Pflegenden für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sind. Ganz nach dem Motto des diesjährigen internationalen Tages der Pflege am 12. Mai: «Our Nurses. Our Future.»

LOGIN Mitglied werden