Pflege: Massnahmen zum Personalerhalt sind wichtiger denn je

Die Belastung im Gesundheitswesen ist nach wie vor hoch, auch wenn weniger Menschen pandemiebedingt Intensivpflege benötigen. Personalausfälle und unbesetzte Stellen sind in allen Versorgungsbereichen Realität und in Spitälern werden verschobene Eingriffe nachgeholt. Das Gesundheitspersonal ist nach zwei Jahren Pandemie müde und ausgelaugt. Ein internationaler Bericht zeigt nun: Massnahmen, um das vorhandene Pflegepersonal zu halten, sind wichtiger denn je.

«Die internationalen Entwicklungen und Rückmeldungen aus Schweizer Gesundheitsinstitutionen machen uns grosse Sorgen. Denn sie deuten darauf hin, dass sich der Mangel an Pflegepersonal zusätzlich verschärft» sagt Yvonne Ribi, Geschäftsführerin SBK. Der Weltverband der Pflegefachpersonen (ICN) präsentierte kürzlich den Bericht Sustain and Retain – The Global Nursing Workforce and the Covid-19 Pandemic. Angesichts des immensen und unerbittlichen Drucks, der durch Erkrankungen und Berufsaufgabe von Pflegenden als Reaktion auf die Pandemie entstanden ist, wird die Welt im nächsten Jahrzehnt bis zu 13 Millionen Pflegefachpersonen einstellen und halten müssen. Das ist mehr als das Doppelte, vergleicht man die Zahlen von vor der Pandemie. «Die Situation in der Schweiz zeigt ein ähnliches Bild: Gemäss Jobradar waren im 4. Quartal 2021 12'300 Pflegejobs offen, im Jahr 2019 – vor der Pandemie – waren es 1'000 weniger. Und mit über 6'000 Inseraten führen Pflegefachperson die Ausschreibungsliste seit Jahren an» sagt Ribi. 

Auch wenn aktuell grosse Hoffnungen bestehen, dass die zirkulierende Corona-Variante das Gesundheitswesen weniger belastet als befürchtet, habe sich die Arbeitsbelastung des Gesundheitspersonals nicht verbessert. «Personalausfälle wegen Isolationen, Krankheitsausfälle wegen Überlastung und unbesetzte Stellen belasten die einzelnen Pflegenden und die Teams. Viele Pflegende haben in den letzten Jahren grosse persönliche Opfer gebracht, um die Gesundheitsversorgung aufrecht zu erhalten», betont Ribi. Es sei nun wichtig, dass in den nächsten Wochen und Monaten eine sorgfältige Planung der personellen Ressourcen gemacht werde, damit Überstunden und Ferien bezogen und die vereinbarten Pensen eingehalten werden können. 

Die Forderungen vom ICN und dem SBK sind identisch:

  • Es gilt die Pflegenden, die noch im Beruf arbeiten, nachhaltig zu unterstützen, damit sie im Beruf bleiben (Retention); und zwar durch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Vermeidung von Überbelastung. 
  • Um die Versorgungsqualität und die Pflege von vulnerablen Menschen zu sichern und Pflegende nicht systematisch zu überlasten, gilt es für die einzelnen Fachbereiche die Ausstattung mit diplomierten Pflegefachleuten festzulegen. 
  • Wenn es erneut zu unplanmässigen Mehrbelastungen kommen sollte und diese nicht durch zusätzliches Personal abgefedert werden können, müssen sie entsprechend finanziell vergütet werden. 
  • Es braucht dringend Investitionen in die Ausbildung von Pflegefachpersonen.


«Das Schweizer Stimmvolk hat am 28. November 2021 die "Pflegeinitiative" angenommen und der Politik einen eindeutigen Auftrag erteilt. Der Bundesrat ist nun in der Pflicht, rasch zu handeln, insbesondere bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und einer angemessenen Personaldotation», betont Ribi: «Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Pflegepersonal zu verlieren.» 

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