Der Handlungsbedarf in der Pflege besteht nicht (nur) bei den Löhnen

Lukas Engelberger, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren, warnt heute in den Tamedia-Medien vor «Illusionen» bezüglich genereller Lohnerhöhungen für das Pflegepersonal. Für den SBK sind die Löhne nur ein Element, um den drohenden Pflegenotstand abzuwenden: Es braucht zwingend Investitionen in attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen.

Die Covid-Pandemie hat schmerzlich gezeigt: Um eine derartige Gesundheitskrise zu meistern, braucht es nicht nur genug Maschinen, sondern vor allem auch das entsprechend ausgebildete Pflegefachpersonal, im Fall von Corona Expertinnen und Experten in Intensivpflege. Damit dieses Personal vorhanden ist, braucht es erstens auf allen Stufen ausreichend Pflegepersonal und zweitens Anreize, dass dieses die entsprechenden anspruchsvollen Aus- und Weiterbildungen auch absolviert. Beide Voraussetzungen sind heute nicht erfüllt.

«Aus diesem Grund haben wir die Pflegeinitiative lanciert», erklärt Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des SBK. «Sie bringt Versorgungssicherheit für die Bevölkerung. Diese ist nicht allein mit höheren Löhnen zu erreichen. Unumgänglich sind Massnahmen zur Steigerung der Ausbildungszahlen, aber vor allem auch Investitionen in die Arbeitsbedingungen. Heute steigt fast die Hälfte des ausgebildeten Pflegefachpersonals nach kurzer Zeit frustriert aus dem Beruf aus.» Die von Lukas Engelberger geschilderten Karrieremöglichkeiten reichen nicht aus, um das Personal zu halten. «Die Arbeitszufriedenheit hängt auch davon, dass Pflegende ihre Fähigkeiten und Kompetenzen vollumfänglich einbringen können, und dabei nicht von ökonomischen Zwängen und einer sinnlosen Bürokratie ausgebremst werden», so Ribi.

Die Pflege ist nicht verantwortlich für die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen, im Gegenteil: Qualifiziertes Pflegepersonal verhindert hunderte Todesfälle und könnte Milliarden Gesundheitskosten einsparen, wie unter anderen eine Studie von Prof. Michael Simon et al. zeigt, die der SBK Anfang Jahr veröffentlicht hat. Investitionen in das Pflegepersonal lohnen sich: Mit ein paar Millionen Franken mehr Lohnsumme lassen sich dank höherem Anteil an diplomiertem Pflegefachpersonal allein in Akutspitälern 357 Millionen Franken sparen, in der Langzeitpflege ist dieser Effekt noch grösser; das Sparpotenzial beläuft sich hier auf 1.5 Milliarden – pro Jahr.

«Wir fordern die verantwortlichen Politiker auf Bundes- und Kantonsebene auf, endlich die Tatsachen anzuerkennen, wissenschaftliche Studien ernst zu nehmen und gesundheitspolitische Entscheide auf dieser Basis zu fällen. Pflege ist kein Kostentreiber, sondern ein Schlüssel zur Lösung für unzählige anstehende Herausforderungen für die Gesundheitsversorgung. Die Politik täte gut daran, endlich wirklich griffige Massnahmen zu ergreifen, damit genug Pflegepersonal ausgebildet und dieses auch im Beruf gehalten wird. Anständige Löhne sind ein probates Mittel, um das zu erreichen, aber nicht das einzige», erklärt Yvonne Ribi.

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