SBO5337

Geschichte

Wie in vielen Ländern fehlt es in der Schweiz an Pflegepersonal. Der Mangel nahm laufend aufgrund der demografischen Entwicklung zu. Zu wenig Pflegende werden ausgebildet und zu viele Personen verlassen den Beruf frühzeitig. Bis 2029 gehen die Referenzszenarien für Pflegefachpersonen auf Tertiärstufe von einem Bedarf von 43 400 Personen gegenüber einem Angebot von 28 900 Personen aus.

Versuche zur Stärkung der Pflege in der Schweiz ab 2016

Im Jahr 2018 gaben 96 Prozent der Pflegeheime an, sie hätten Mühe, genug Pflegefachpersonal zu finden (Zúñiga et al., 2021). Unter der Federführung des Staatssekretariates für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) lancierten der Bund und die Organisationen der Arbeitswelt (OdA) ab 2018 eine Kampagne, um das Image der Ausbildungen und der Karriere in der Langzeitpflege zu verbessern. («Der wichtigste Beruf der Welt», «Karriere machen als Mensch»). Zudem wurden Betriebe dabei unterstützt, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Doch die Personalsituation blieb prekär. 

Ein anderes Konzept war der «Masterplan Bildung Pflegeberufe 2010-2015». Die Zahl der ausgebildeten Berufsleute im Pflegebereich sollte gesteigert werden. Zwar gelang es, mehr junge Menschen für eine Lehre zum Fachmann/Fachfrau Gesundheit (FaGe) zu gewinnen, bei den diplomierten Pflegefachpersonen hingegen blieb das Programm weit unter den Erwartungen. Im Vergleich zur zusätzlichen Verantwortung und dem nur leicht höheren Lohn des diplomierten Personals schien es für FaGes nicht genügend Anreize zu geben, die Ausbildung zur diplomierten Pflegefachperson in Angriff zu nehmen. Dazu kam der geringe Ausbildungslohn. Er deckte die Lebenshaltungskosten von bereits ausgebildeten FaGes nicht. 

 

Politische Vorstösse – Parlamentarische Initiative Joder von 2011 bis 2016

Auch politische Vorstösse führten nicht zum Ziel. Im Jahr 2011 reichte Rudolf Joder (SVP) die parlamentarische Initiative «Gesetzliche Anerkennung der Verantwortung der Pflege», ein. Der SBK unterstützte sie fünf Jahre lang mit intensiver Lobbyarbeit. Sie forderte, dass typische Pflegeleistungen auch ohne ärztliche Verordnung von den Krankenversicherungen bezahlt werden, also zum Beispiel Unterstützung bei der Körperpflege oder Beratung im Umgang mit der Krankheit. Die Attraktivität des Berufs sollte gesteigert werden, indem der (gesetzliche) Status der Pflege als Hilfsberuf der Ärztinnen und Ärzte aufgehoben wird. Das Anliegen wurde im April 2016 vom Nationalrat in der Eintretensdebatte versenkt. 

 

Abstimmungskampagne: 2016 bis 2021 

November 2021: Grosse Erwartungen an die Umsetzung der Pflegeinitiative

Nach der gewonnenen Abstimmungskampagne vom 21. November 2021 forderte der SBK, dass als erstes die Ausbildungsoffensive und die eigenständige Leistungserbringung gemäss dem indirekten Gegenvorschlag verabschiedet wird. Die Gesetzesenwürfe mussten dem Parlament innerhalb von 18 Monaten vorliegen. 

 

Das Jahr 2022: Ein historischer Sieg und Engagement auf dem Bundesplatz

Im November 2022 organisierte der SBK zusammen mit dem Bündnis Gesundheitspersonal eine Aktion auf dem Bundesplatz. 700 Pflegende forderten fünf Sofortmassnahmen umzusetzten, damit nicht noch mehr Pflegende den Beruf erschöpft verliessen. 

Im Dezember 2022 stimmte das Parlament der ersten Etappe (Paket 1) zu: der Ausbildungsoffensive sowie dem eigenverantwortlichen Bereich. (Pflegefachpersonen können in Zukunft bestimmte Pflegeleistungen ohne ärztliche Anordnung direkt mit den Krankenkassen abrechnen). 

 

Sommer 2023: Keine Kompromisse zu Lasten der Pflegenden

Im August 2023 hatte der Bundesrat die Verordnungen zu den Gesetzen (Paket 1) in die Vernehmlassungen gegeben. Der SBK verfasste eine Stellungnahme. Vor allem die Umsetzung des eigenverantwortlichen Bereichs erforderte Nachbesserungen. Gleichzeitig wurde die zweite Etappe (Paket 2) in Angriff genommen. Sie betraf Verbesserungen der Arbeitsbedingungen. Es fehlte die Ausfinanzierung der Pflegeleistungen, die der SBK einforderte.  

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